Alle
|
Bildungshunger stillen
20 Jahre Monika Girls High School & College Bagrot Tal (Nordpakistan), 2012
Monika Girls High School und CollegeDas Mädchenschulprojekt startete vor 20 Jahren im Januar 1992 mit einer Zwergschule im Dorf Datuchi-Das. Die Resonanz auf unsere Initiative in Sachen Mädchenschulbildung in Bagrot ist heute überwältigend. Für eine Generation Mädchen ist Grundbildung jetzt eine Selbstverständlichkeit. Eltern und Schülerinnen danken den Unterstützerinnen und Unterstützern sehr herzlich für die langjährige Hilfe zur Selbsthilfe. Die Sicherheitslage im Bagrot Tal ist sehr gut. Die Attentate auf die Zivilbevölkerung, Unruhen und Sicherheitsprobleme in diesem Jahr in der Großregion Gilgit-Baltistan haben das Tal glücklicherweise nicht erreicht. Die Menschen vermeiden soweit als möglich die zentrale Stadt Gilgit zu besuchen. Nur dringend notwendige Einkäufe, Behördengänge und Arztbesuche werden dort unternommen. Immer wieder wurde auch uns geraten, Gilgit fernzubleiben. Man fühlt sich verantwortlich für Gäste in Bagrot und ließ uns nicht ohne einheimische Begleitung nach Gilgit fahren. In Gilgit sieht man jedes Jahr mehr Polizisten, Soldaten und Straßensperren. Im Bazar sind auch tagsüber viel weniger Menschen unterwegs als gewohnt. Die Stimmung ist gedrückt. Während unseres Besuchs im Herbst war das Wetter sehr wechselhaft. Außerhalb der Sonnenstunden war es bereits empfindlich kühl. Über den Sommer hatte es viel geregnet, teilweise wurde die Ernte nass und verdarb. So konnten zum Beispiel Tomaten nur selten getrocknet werden. Die Aprikosenernte dagegen war ungewöhnlich gut, auch der Ertrag an getrockneten Aprikosen und Aprikosenkernen, ebenso Walnüsse. Ernteüberschüsse werden über Zwischenhändler nach Gilgit und ins Tiefland verkauft, sie sind eine wichtige Einnahmequelle für die meisten Haushalte. Mais, auf vielen Feldern als Zweitfrucht ausgesät, litt unter den kühlen Temperaturen im Spätsommer und sah zur Erntezeit kläglich aus. Der Ertrag wird gerade als Viehfutter für den Winter reichen. Die Stromversorgung im Bagrot Tal ist nach wie vor unzureichend. Insbesondere während der Hauptverbrauchszeiten fällt die Zufuhr häufig für viele Stunden bis zu mehreren Tagen aus. Dies soll sich im kommenden Sommer ändern, wenn das neue kleine Wasserkraftwerk in Bagrot an den Start geht. Auch reicht nach wie vor keiner der zahlreichen Mobilfunkanbieter in Gilgit-Baltistan bis ins Tal. Dies soll sich ändern. Ein Anbieter plant den Bau von Funkmasten in Bagrot. Das wäre fast zu schön um wahr zu sein, denn die wenigen Festnetzleitungen, die noch vor Jahren existierten, werden von der staatlichen Telekommunikationsgesellschaft nicht mehr gewartet und sind stumm. Die Schülerinnen300 Schülerinnen besuchen die Schule von der Kindergartenklasse bis zur 10. Klasse. Die Schülerinnen äußerten sich sehr zufrieden mit der Schule und über die Lehrkräfte. Die 9. Klasse hat 55 Schülerinnen. Sie kommen aus verschiedenen Dörfern, einige sind mit dem Unterricht an der Schule ihres Dorfes nicht zufrieden und haben kurzerhand an die Monika Girls High School gewechselt. Die Schülerinnen der höheren Klassen fragten nach Computerunterricht und können die Ausstattung des neuen Computerraums durch die Schulbehörde kaum erwarten. Die Studentinnen55 Studentinnen besuchen die 11. und 12. Klasse und die Förderklasse für das Lehramtstraining. Viele Studentinnen baten uns darum, weiterführenden Unterricht in Bagrot zu ermöglichen, d.h. die Mädchenschule um eine 13. und 14. Klasse zu erweitern. Die Eltern erlauben den Umzug in die Stadt aufgrund der berechtigten Sicherheitsbedenken nicht oder können die mit einem Studium außerhalb verbundenen Kosten nicht tragen. Auch hörten wir vielfach die Bitte, die Jahresexamen im Tal ablegen zu können. Die examensbedingten Aufenthalte bei Verwandten in Gilgit sind schwierig zu arrangieren - die jungen Frauen ziehen von Haus zu Haus während der Prüfungswochen - und kostspielig. Diese Faktoren erschweren eine gute Vorbereitung auf die halbjährlichen Prüfungen. Die Lehrkräfte15 privat finanzierte Lehrkräfte unterrichten an der Mädchenschule und seit September 2012 insgesamt 12 staatliche Lehrkräfte. Wir haben über eine Lohnerhöhung für die aus Spenden finanzierten Lehrer rückwirkend ab Juli 2012 entschieden. Die Regierung hatte die Löhne der staatlichen Angestellten im Juli um 20% erhöht, im Juli 2011 bereits um 25%. Für das laufende Schuljahr betragen die Kosten für die privat finanzierten Lehrkräfte insgesamt 10.000 EUR. Unterrichtsstandards aufrechterhaltenDie Schulbehörde hat im September fünf weitere staatliche Lehrkräfte für die Monika Girls High School eingestellt. Das ist eine gute Nachricht! Die neuen Lehrerinnen sind jedoch nicht ausreichend ausgebildet für den Unterricht in den Mittelschulklassen. Deshalb haben wir entschieden, den Unterricht für eine Übergangszeit weiterhin durch privat finanzierte Lehrkräfte zu unterstützen. Wir wollen sicherstellen, dass der Standard aufrechterhalten wird. Computerraum gebautDank zusätzlicher Spenden haben wir im Frühjahr einen weiteren Klassenraum bauen lassen können. Der steht wie ein kleiner Leuchtturm auf dem Dach des zweiten Schulgebäudes und ist im Tal weithin sichtbar. Hier soll ein Computerraum eingerichtet werden. Die Schulbehörde hat die technische Ausstattung (17 PCs, Drucker) bewilligt sowie eine Fachlehrkraft. Bildungsbewusstsein gewecktSchülerinnen und Eltern fordern heute mehr Ausbildungsmöglichkeiten im Tal aufgrund der schlechten Sicherheitslage in Gilgit, dem zentralen Ort für weiterführende Bildungsmaßnahmen wie Sekundarschule und College. Schülerinnen aus anderen Dörfern Bagrots wechseln zur High School in Datuchi trotz der weiten Wege. Die Unzufriedenheit mit der Schule im eigenen Dorf ist groß, die Unterschiede in der Unterrichtsqualität werden deutlich wahrgenommen. An zwei anderen Mädchenschulen in Bagrot kam es Anfang Oktober zu heftigen Protesten von Schülerinnen und Eltern gegen die regelmäßige Abwesenheit einiger Lehrerinnen. Collegeunterricht ausbauenDas private College wird im kommenden Frühjahr um eine 13. und 14. Klasse erweitert. Und es wird ein Antrag auf Registrierung als College bei der zuständigen Behörde gestellt. Die zusätzlich notwendigen Lehrkräfte und das Registrierungsverfahren werden zusätzliche Kosten mit sich bringen. Diese können wir in einigen Monaten beziffern. Eine Registrierung hat den Vorteil, dass die Jahresexamen vor Ort abgelegt werden können. Die Studentinnen müssten nicht mehr nach Gilgit reisen, um an dortigen Colleges als externe Prüfungskandidatinnen ihre Prüfungen abzulegen, wie es bisher der Fall ist. Unsere Schule würde an öffentlichem Ansehen weiter gewinnen. Ich gehe davon aus, dass sich eine ganze Reihe von Absolventinnen in die 13. und 14. Klasse einschreiben werden. Neue Stühle anschaffenFür die Klassenräume und das Lehrerzimmer werden 70 neue Stühle angeschafft. In den Klassenräumen des dritten und jüngsten Schulgebäudes und im Lehrerzimmer fehlt das nötige Mobiliar. Täglich werden am Vor- und Nachmittag Stühle zwischen den drei Schulgebäuden hin- und hergetragen. Im Lehrerzimmer behelfen sich die Lehrerinnen seit Jahren mit alten Schulbänken aus der Grundschule. Die einmaligen Kosten betragen 1750 Euro. Benachteiligte Kinder fördernIn Bagrot leben Kinder mit Behinderungen, die den Besuch einer regulären Schule erschweren oder unmöglich machen. Das Gelände ist unwegsam, bezahlbare öffentliche Verkehrsmittel existieren nicht und auch keine speziell ausgebildeten Lehrkräfte oder Einrichtungen. Auch fehlt es noch an Bewusstsein für die Alphabetisierung benachteiligter Kinder. Für sie wäre dies eine Chance, persönliche Anerkennung zu erfahren und ihre Stellung zu verbessern. Es ist gleichzeitig ein ganz neuer Bildungsansatz in Bagrot. Während unseres Besuches haben wir gemeinsam mit Lehrern verschiedene Ideen entwickelt, welche Maßnahmen der Beschulung vor Ort möglich sind. Zwei Lehrkräfte gehen nun von Dorf zu Dorf, besuchen die Familien und versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten. Es handelt sich um 8-10 Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen. Wir haben bereits gelernt, dass die Umsetzung viel Zeit braucht. Maßgeblich angeregt und unterstützt wird die neue Initiative von der Berufsbildenden Schule der Heinrich-Haus gGmbH in Neuwied, die zu diesem Zweck eine Schulkooperation mit uns eingegangen ist. Spenderaktivitäten im Jahr 2012
Ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz und ihre Unterstützung! Herzliche Grüße und ein vielstimmiges Dankeschön senden auch die Schülerinnen und Studentinnen der Monika Girls High School, deren Eltern und die Lehrkräfte. Bagroti sagen Danke
Shukur Baig, Vater mehrerer Töchter, die die Monika Girls High School besucht haben, forderte mich auf zuhause folgende Geschichte aufzuschreiben: Herzlich grüßt Sie und Euch aus Hamburg! Monika Schneid November 2012
|